Selbstbildnis mit Familie
Johann Friedrich Overbeck
Beschreibung
Overbeck hat das Bild seiner Familie, mit seiner Frau Nina und dem einjährigen Sohn Alfons, in Rom für seine Eltern in Lübeck gemalt, die es jedoch nie zu Gesicht bekamen, da seine Mutter bereits 1820, sein Vater 1821 verstarb. Das Gemälde sollte die Abwesenden im fernen Lübeck lebendig und präsent werden lassen; stolz verkündet Overbeck in einem Brief von 1820 an den Vater, dass gerade die „Ähnlichkeit“ sehr gerühmt werde. Er vollendete das Bild erst 1830.
Overbecks Familienbild orientiert sich an Darstellungen der Heiligen Familie im Stil der italienischen Malerei um 1500, verleiht dem Thema aber eine profane Wendung. Denn es handelt sich um ein bürgerliches Gruppenporträt, das in der Scheidung der räumlichen Sphären – außen der Mann, innen vor dem schützenden Vorhang die madonnenhafte Frau mit dem Kind – die sozialen Rollen definiert. Zudem zeigt das Gemälde die junge Familie im Zustand konstruierter Glückseligkeit. Unverhohlen und neugierig blickt das Kind den Betrachter frontal an, während Nina demutsvoll und fürsorglich ihren Blick nicht von dem Knaben weichen lässt. Overbeck selbst, in renaissanceartiger Tracht als neuer Raffael auf dem Weg zu seinen größten künstlerischen Erfolgen, die sich in den 1820er Jahren einstellten, blickt selbstbewusst aus dem Bild heraus. Im Hintergrund ist die Villa Palombara auf dem Esquilin zu erkennen, in der die Familie 1819, als Alfons geboren wurde, lebte.
Vergleich
In der Infrarot-Aufnahme des Gemäldes wird deutlich, dass Overbeck die Figur seines Sohnes in der Unterzeichnung noch barfuß angelegt hatte. Die stilistische Orientierung des Familienbildes an Darstellungen der heiligen Familie wäre mit diesem barfüßigen "Christuskind" noch deutlicher gewesen. Overbeck änderte dann jedoch die Position des Füßchens und zeigt seinen Sohn Alfons ganz irdisch und beschuht. Die Infrarot-Aufnahme wurde von Kerstin Risse (HfbK Dresden) im Rahmen des Forschungsprojekts von Eva Reinkowski angefertigt.