Die Auferweckung des Lazarus
Johann Friedrich Overbeck
Beschreibung
Mit diesem frühen Gemälde, das noch während der Wiener Akademiezeit im Wettstreit mit Franz Pforr entstand, wird erstmals Overbecks eigene Formensprache greifbar, die hier noch ganz auf Raffael bezogen ist. Nach einer Reihe klassizistischer Kompositionsübungen, welche sich die Lukasbrüder außerhalb der Akademie gegenseitig stellten, bezeichnet das Gemälde Overbecks künstlerischen Durchbruch zum religiösen Maler, der von einem offenkundigen Rekurs auf die altitalienische Malerei geprägt war. Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, der das Gemälde 1809 in Lübeck sah, soll überrascht ausgerufen haben: „Das hat er nicht gemacht, das ist Kopie von einem italienischen Meister.“
Als Zeuge der Wundertat Christi, der dem Johannesevangelium (11,38–44) zufolge den schon mehrere Tage toten Lazarus zum Leben wiedererweckte, erscheint der Maler gemeinsam mit seinem Freund Pforr am linken Bildrand. So wird das religiöse Gemälde zugleich Freundschaftsbild. Auf der erhaltenen Vorzeichnung (Abb.), die schon als erste Form eines nazarenischen Kartons zu bezeichnen ist, hat Overbeck das Motiv der Bildnisse bereits angelegt. Mit dem Beteuerungsgestus bekräftigen die beiden angehenden Maler die „Wahrheit“ des biblischen Geschehens. Die beiden sich umarmenden, Maria und Martha darstellenden Frauen rechts sind Vorwegnahmen der beiden „Bräute“, jener Idealfrauen und Verkörperungen der künstlerischen Prinzipien von Overbeck und Pforr, aus denen später Sulamith und Maria werden sollten.
Im Juni 1808 war das Gemälde vollendet. Overbeck selbst nannte es in einem Brief an seine Eltern vom 25. Juni 1808 seinen „Erstgeborenen“, von dem ihm das Abschiednehmen schwerfiel, als das Gemälde auf den Weg nach Lübeck ging.