Wilhelmine mit gelbem Hut
Lovis Corinth
Beschreibung
Das Bildnis seiner Tochter Wilhelmine malte Lovis Corinth 1924, ein Jahr vor seinem Tod. Es zeigt das junge Mädchen als Halbfigur, die gleichermaßen amüsiert wie skeptisch in Richtung Betrachter blickt. Ihr Kopf ist leicht zurückgelegt und wird durch den schwarz umrandeten gelben Strohhut eindringlich gerahmt. Das dunkle Haar geht fließend in den roten Blumenschmuck auf der Unterseite der Hutkrempe über. Sie trägt ein weißes, mit roten und schwarzen Bändern und Schleifen geschmücktes Kleid.
Das Bildnis ist durch seine offene Malweise bestimmt, die sich in weiten Teilen des Gemäldes der Abstraktion annähert. Doch ist diese Abstraktion keineswegs Selbstzweck, sondern fordert zu einer psychologisierenden Ausdeutung heraus, kann man hier doch auch die Lebendigkeit und Spontaneität des Mädchens zum Ausdruck gebracht sehen. Wilhelmine wurde 1909 als zweites Kind Corinths in Berlin geboren und mehrfach von ihrem Vater porträtiert. Sie trat später als Schauspielerin und Autorin hervor und starb 2001 in New York.
Provenienz
Juli 1924 - 17. Juli 1925 Lovis Corinth
17. Juli 1925 - spätestens April 1963 Charlotte Berend-Corinth, New York/ USA durch Erbgang Lovis Corinths, New York
spätestens April 1963 - Juni 1963 Galerie Änne Abels, Inh. Aenne Abels, Köln
seit Juni 1963 Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, erworben von der Kunsthandlung Änne Abel, Köln
Nach dem Tode Corinths übernahm seine Ehefrau Charlotte Berend-Corinth die Verwaltung des Nachlasses. Auch das Portrait ihrer Tochter befand sich seit 1925 in dem Besitz der Witwe. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft emigrierte Charlotte Behrend-Corinth 1939 zunächst in die Schweiz und kurz darauf nach New York. Aenne Abels, Inhaberin der Galerie Abels in Köln, wurde unter Mitwirkung eines Freundes der Familie mit dem Verkauf des Gemäldes beauftragt. Am 17. April 1963 bot Abels das Gemälde den Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck zum Kauf an. Nach einigen Verhandlungen konnte das Behnhaus das Portrait schließlich erwerben. Obwohl Charlotte Behrend-Corinth mit ihrer Familie aufgrund ihrer jüdischen Herkunft in die USA fliehen musste, kann das untersuchte Gemälde als unbedenklich eingestuft werden. Das Gemälde befand sich nach dem Ableben ihres Mannnes in Charlottes Besitz. Offensichtlich konnte sie den Nachlass ihres Mannes in die USA einführen und verfügte frei über ihr Eigentum.