Madonna vor der Mauer
Johann Friedrich Overbeck
Beschreibung
Das kleine Tafelbild, 1811 in Rom gemalt, ist ein Schlüsselwerk für die künstlerische Selbstsicht des jungen Overbeck. Nach Verlassen der Wiener Akademie im Frühjahr 1810 und der anschließenden Reise nach Rom wertet Overbeck damit seine kunsthistorischen Erfahrungen aus, um ein Gemälde im Stil der Alten Meister zu schaffen. Overbeck wandte sich ganz der Erneuerung des christlichen Bildes zu. Die „Madonna vor der Mauer“ zeugt von diesem Bemühen. In der starken Buntfarbigkeit und der an die Frührenaissance erinnernden Formensprache, die durchaus auch anatomisch „falsch“ auf den an akademische Standards gewohnten Zeitgenossen wirken konnte, erzeugt Overbeck ein Andachtsbild von großer Intensität. Maria blickt andächtig auf das Kind und faltet die Hände zum Gebet. Der schlafende Jesusknabe verweist dabei auf die bevorstehende Passion, indem er, wie Overbeck erläutert hat, eine eben gepflückte Passionsblume in der Hand hält.
Auf der Rückseite der Tafel verbirgt sich noch eine Überraschung: Die Wiener Lukasbrüder hatten 1809 verabredet, alle Gemälde, die aus ihrem Kreis hervorgehen sollten, kritisch zu prüfen und nur die besten Stücke zu akzeptieren. Diese sollten mit dem Siegel des Lukasbundes, einer von Overbeck gefertigten Radierung des Hl. Lukas, prämiert werden. Nur ganz wenige erhaltene Gemälde zeigen diese Radierung auf der Rückseite. Die „Madonna vor der Mauer“ trägt dieses Gütesiegel, das Overbeck zudem mit seinem Symbol, dem Palmzweig, versehen hat (Abb.).
Vergleich
Das Gemälde trägt auf der Rückseite das Siegel des Lukasbundes, welches die kritische Prüfung des Bildes durch die anderen Maler des Bundes belegt.