Kind im Spielzimmer
Heinrich Eduard Linde-Walther
Beschreibung
Linde-Walther schuf mit diesem Gemälde die eindrucksvolle Charakterstudie eines kleinen Mädchens im Spielzimmer, wie es im Bildtitel heißt. Tatsächlich ist dem Kind eine Ecke zwischen Esszimmer und Salon zum Spielen überlassen. Beleg dafür, dass kindliches Spiel nun fest integrierter Bestandteil des Familienlebens ist. Dennoch umgibt das Kind eine gewisse Unsicherheit, fast Traurigkeit. Es steht allein und unvertraut mit der Situation, beobachtet und porträtiert zu werden. Es posiert also nicht für ein Porträt, sondern ist in einem ganz unrepräsentativen Moment eingefangen. Linde-Walther malte das Bild wohl Ostern 1901 in Berlin. Dargestellt ist Else Gensel, Tochter des Kunsthistorikers Walther Gensel (1870–1910), mit dem sich der Maler 1898 in Paris angefreundet hatte. 1901 traf man in Berlin wieder zusammen und Linde-Walther bat Gensel, dessen Töchter malen zu dürfen. Die damals vierjährige Else erinnerte sich später, dass sie „Linde die Tuben ausdrücken durfte und […] einen Osterhasen bekam, wenn [sie] stillgehalten hatte.“ Gensel vereinbarte damals mit Linde-Walther, das Bild nicht öffentlich zu zeigen. Mit dem frühzeitigen Verkauf 1902 an das Lübecker Museum brach der Künstler dieses Versprechen allerdings umgehend. Die vielschichtige Rezeption des eindrucksvollen Kinderbildes gerade in den letzten Jahren – zuletzt verewigte der französische Streetartkünstler Julien de Casabianca „Else“ in 14 Meter Größe an der Bunkerwand in der Schildstraße – gaben Künstler und Museum jedoch Recht: Erst die öffentliche Präsentation führt zur offenen und vielschichtigen Rezeption der Kunst.
Audio
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