Stehender weiblicher Akt
Wilhelm Lehmbruck
Beschreibung
Die „Stehende weibliche Figur“ von Wilhelm Lehmbruck nimmt nicht nur innerhalb der Skulpturensammlung des Museums, sondern auch im Werk des Künstlers einen besonderen Platz ein. Unmittelbar nach dem Umzug Lehmbrucks von Düsseldorf nach Paris 1910 entstanden und noch im selben Jahr mit Erfolg im Salon d’Automne ausgestellt, gilt die Figur als sein erstes Hauptwerk und markiert den Übergang von der traditionellen Körperplastik zur avantgardistischen Raumplastik. Lehmbruck sucht in seinen Pariser Jahren (bis 1914) nach „einem monumentalen, zeitgemäßen Stil“. Dazu gehört die gestalterische Konzentration auf das Wesentliche: auf Maß, Proportion und Silhouette, um – so Lehmbruck – Kunstwerke zu erreichen, die „voller Intensität, nichts leer, voller Wärme, voller Tiefe“ sind.
Die lebensgroße Frauengestalt, für die die Frau des Künstlers Modell gestanden hat, steht im Kontrapost mit einer leichten Drehung des Körpers. Trotz leichter Überlängung der Beine folgen alle Körperteile strengen Proportionsregeln. Die melodische Silhouette sorgt für eine Geschlossenheit des Körperkonturs, der dem gewünschten Ausdruck entspricht.
Zwei Jahre nach dem frühen Freitod von Lehmbruck sah der Lübecker Museumsdirektor Carl Georg Heise 1921 die „Stehende weibliche Figur“ in einer Ausstellung der Kunsthandlung Hansa in Hamburg und bestellte einen Neuguss bei der Künstlerwitwe Anita Lehmbruck.