Schuhflicker in Cairo
Hermann Linde
Beschreibung
Hermann Linde gilt heute als einer der wichtigsten Orientmaler des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Ganz im Gegensatz zu vielen seiner Zeitgenossen zeigt Linde den Orient in seinem Gemälde „Schuhflicker in Cairo“ jedoch nicht als mythischen Ort der Pracht und Dekadenz. Er entwirft keine sinnlich-pittoresken Haremsszenerien, sondern dokumentiert das Leben in den Arbeitervierteln Kairos, so wie es ihm tatsächlich begegnet sein dürfte: Bunte Lumpen statt kostbarer Stoffe, Lehmwände und Zeltplanen statt kunstvoller Architektur, abgenutztes Leder statt prachtvoller Gewänder und der rote Staub der Wüste beherrschen die Szenerie. Der Orient ist nun nicht mehr exotischer Sehnsuchtsort.
Besonders interessant ist auch Lindes korrekte Wiedergabe arabischer Schrift auf der Wand im Hintergrund: Zu identifizieren sind die „Basmala“ („Im Namen Gottes, des Barmherzigen“) und Teile der „Schaha - da“, des islamischen Glaubensbekenntnisses („Es gibt keinen Gott außer Gott und Mohammed ist der Gesandte Gottes“).
Vergleich
In der Diele des Behnhauses erscheinen Lindes "Schuhflicker in Cairo" in ihrem Goldrahmen zunächst als Kunstwerk aus einer anderen Epoche. Die prekäre Situation der auf dem staubigen Boden arbeitenden Schuhflicker wurde deutlich, als ein Ausschnitt des Bildes im Zuge des Outings-Projekts 2015 an der Kanalstraße zu sehen war. Dort saß nun einer der Schuhflicker lebensgroß auf einer der Lübecker Straßen.