Der Geburtstag des Großvaters

August Godtknecht

Der Geburtstag des Großvaters
Der Geburtstag des Großvaters
1859
Öl auf Leinwand
70 x 84
Schenkung der Schülerinnen der von Lütgendorffschen Kunstschule und Freunde des Museums
derzeit nicht ausgestellt

Beschreibung

August Godtknecht zeigt in diesem Genrebild eine liebevoll ausformulierte bäuerliche Familienszene, die ihren Handlungsort in einer detailreich ausgestalteten Stube findet. Hier haben sich um den Lehnstuhl des Großvaters die Mutter des Hauses und ihre drei Kinder versammelt. Der gebeugt sitzende Großvater schaut seinen kleinen Enkel mit einem gerührten Blick an, der mit gefalteten Händchen vor ihm steht und gerade beginnen will ein Gedicht aufzusagen: Der Großvater hat Geburtstag.  
Die Stube ist um zahlreiche Bilddetails ergänzt. Man erkennt etwa an der Wand ein kleines Porträt des „Alten Fritz“, eine Uhr und einen Vogelbauer. Neben diesen Gegenständen unterstreicht besonders das aufgeschlagene Buch (wohl die Bibel) den eigentümlichen Charakter der Wohnstube, die im Gegensatz zur bürgerlichen Wohnkultur des Achelius-Bildes einen bescheidenen Zustand aufweist.
Trotz der scheinbaren Natürlichkeit entpuppt sich der Bildaufbau als durchdachte Komposition, die dem Bild seine innere Stabilität verleiht. So teilt die Wandkante hinter dem Großvater das Bild in zwei symmetrische Hälften und bildet zugleich den Scheitelpunkt eines offenen Halbkreises, dem die Figuren eingeschrieben sind. Godtknecht gelingt es überzeugend diesen auf den ersten Blick starren Schematismus mit Hilfe des narrativen Elementes aufzulockern, indem er den sprechenden Jungen aus der Halbkreisformation heraustreten lässt und sein Gesicht durch das helle Morgenlicht als zentralen Bildpool beleuchtet. So ruhen denn auf ihm auch alle Blicke: die seiner stolzen Mutter, seiner liebevollen Schwester und des gerührten Großvaters. Gerade er erkennt seinen Enkel in diesem Moment nicht nur als artiges Kind sondern zugleich als männlichen Stammhalter der Familie. Das Gemälde darf daher nicht allein als reines Genrebild gedeutet werden. Es ist auch Ausdruck der erhofften genealogischen Beständigkeit der Familie, die ihre tiefsten Wurzeln im Großvater und ihren Hoffnungsträger im Enkelsohn findet, den bereits ahnungsvoll die aufgehende Sonne anstrahlt. So erlebt die kleine Familie inmitten ihrer Stube eine Ahnung der Zukunft: das Glück.

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